Sprachursprung
und Spracherwerb
Theorien
zum Sprachursprung
Johann P.
Süßmilch – Versuch eines Beweises, dass die erste Sprache ihren
Ursprung nicht vom Menschen, sondern allein vom Schöpfer erhalten
habe (1766)
Süßmilch
argumentiert in seinem Text, dass alle menschlichen Erfindungen und
Techniken nicht durch reinen Zufall entstanden sind, sondern die
Voraussetzung dafür immer Vernunft und Klugheit war.
Sprache folgt den
Regeln der Vollkommenheit und Ordnung. Daraus schlussfolgert
Süßmilch, dass für Sprache auch ein kluger und vernünftiger
Schöpfer notwendig sein musste. Sprache erfordert den Gebrauch der
Vernunft. Um Reflektieren, Abstrahieren und Rationalisieren zu können
braucht der Mensch wiederum Sprache. Süßmilch sieht die Sprache,
Zeichen und Schrift als Voraussetzung für den Gebrauch der Vernunft.
Deshalb kommt für ihn der Mensch nicht als Schöpfer von Sprache
oder Vernunft in Frage, da diese Fähigkeiten sich gegenseitig
voraussetzen.
Seine einzig
denkbare Alternative ist, dass der kindische Mensch (Mensch ohne
Vernunft) die Sprache erfunden hat, was aber einen logischen Bruch für
ihn darstellt. Deshalb ist für ihn gesichert, dass Gott existiert
und somit der Schöpfer von Sprache und Vernunft sein muss.
Kritik
Süßmilch erkennt
den Ursprung der Vernunft nicht und stellt einen logischen Bruch
zwischen dem „kindischen Menschen“ und dem vernunftbegabten
ersten Erfinder der Sprache dar. Er führt alle menschlichen
Fähigkeiten auf einen göttlichen Schöpfer zurück. Für ihn ist
der Mensch nichts ohne die Gaben Gottes.
Johann Gottfried
Herder – Abhandlung über den Ursprung der Sprache (1770)
Herder sagt, dass
die Sprache vom Menschen gebildet wurde, da er sie durch Verstand,
Reflexion und Besonnenheit entwickelt hat. Für ihn ist der
Spracherwerb prozessual, der Mensch erarbeitet sich die Sprache.
Dadurch liegt für Herder die Macht der Sprache beim Menschen selbst
und nicht bei einem göttlichen Schöpfer. Somit trägt der Mensch,
auch auf dem Gebiet der Sprachschaffung, Verantwortung.
Herder kennt
ebenfalls das Dilemma, dass es ohne Vernunft keine Sprache,
andersherum ohne Sprache aber auch keine Vernunft geben kann. Er löst
dieses Problem jedoch nicht durch die Existenz Gottes, sondern
erklärt, dass der Mensch sich beides prozessual erarbeitet und es
mit entwickelt hat. Der Mensch reflektiert den Sprachprozess.
Kritik
Herder stellt für
sich keine neue Theorie auf. Er legt den Schwerpunkt auf die (mit der
Sprache verbundene) Reflexion und den Prozess der Sprachentwicklung.
Herder führt allerdings nicht mehr alles auf Gott zurück, was neu
für die Zeit war.
Spracherwerbstheorien
Behaviorismus
(Skinner)
Diese Theorie führt
alles auf Lernvorgänge zurück. Das Lernen von Sprache kann nicht
vererbt sein, sondern das Kind verfügt nur von Geburt an über einen
universalen Lernmechanismus. Kinder sind in der Lage Sprache zu
lernen, weil sie die Erwachsenen imitieren. Richtige Imitationen
werden belohnt und dadurch verstärkt. Dies kann ganz direkt oder
aber auch indirekt geschehen.
Kritik
Diese Theorie
berücksichtigt nicht die Offenheit und Kreativitöt der Sprache.
Außerdem werden auch nicht die negativen Reaktionen auf sprachliche
Belehrungen der Kinder miteinbezogen.
Nativismus
(Chomsky)
Der Nativismus geht
davon aus, dass gewisse Sprachkenntnisse von innen kommen, also
angeboren sind. Sprache entwickelt sich nicht ohne Einflüsse von
außen oder ist generell angeboren, sondern es ist ein genetisches
Vorwissen angelegt, dass ein schnelles und müheloses Erlernen der
Sprache möglich macht. Da die Einflüsse von außen kompliziert und
verwirrend sein können, müssen die Grundregeln der Sprache
angeboren sein.
Kritik
Es ist grundsätzlich
kein unfehlbares Grammatikwissen möglich. Außerdem ist die
Alltagssprache teilweise anders als die geschriebene Sprache.
Weiterhin geht die Sprache des Kindes weit über das Grammatikwissen
hinaus.
Kognitivismus/Konstruktivismus
(Piaget)
In den ersten zwei
Lebensjahren entdeckt das Kind Zusammenhänge zwischen
sensomotorischen Aspekten. Im Alter von zwei bis sieben erlernt es
dann den Gebrauch von Symbolen und somit von Sprache. Die zwei
folgenden Jahre dienen dann dem Lernen von logischem Denken und der
Entwicklung rationalen Denkens. Ab dem elften Lebensjahr etwa wird
dann das abstrakte und hypothetische Denken praktiziert.
Nach dieser Theorie
ist das Erlernen von Sprache eine Folge der kognitiven Entwicklung
des Kindes.
Interaktionismus
Nach diesem Modell
erlernen Kinder Sprache durch die Interaktion mit der Mutter. Diese
Interaktionen sind eine Angebot und eine Forderung der Sprache, die
auf die Verarbeitungskapazität des kindlichen Gehirns abgestimmt
ist.
Die „Motherese“
beschreibt dabei die „Sprache“ von Mutter und Kind. Erwachsene
reden generell anders mit Kindern, als untereinander. Es gibt einige
lautliche Merkmale, wie zum beispiel die übertriebene Intonation,
die Betonung und die höhere Stimmlage. Erwachsene benutzen einfach
strukturierte Aussage- und Fragesätze, wenn sie mit Kindern reden.
Kritik
Diese Theorie ist
soweit schlüssig, erklärt aber nicht wie genau der Spracherwerb für
das Kind möglich ist.
Konnektionismus
Der Konnektionismus
sagt aus, dass Kinder eine angeborene Sensibilität gegenüber
Sprache haben. Den genauen Strukturerwerb lernt das Kind über
Eigenaktivität. Dies tut es durch langsames und kontinuierliches
Üben vom Einfachen zum Schweren.
Kinder lernen Sprache
demnach durch Eigenaktivität unter der Voraussetzung einer
Sensibilität für Sprache.
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